Freitag, 09. September 2005
Für alle, die noch mehr lesen wollen: Die Vorbereitungsphase
Krasnojarsk | Die Kotztüte | Ankunft in Turuchansk | Am Anleger | Downtown Turuchansk
Frankfurt -
Moskau - Krasnojarsk Um 07:00 Uhr sind Jürgen und ich in Porz.
Charly hat alle in Frage kommenden Sachen fein säuberlich auf dem Esszimmertisch
ausgebreitet. Es ist schon ein komisches Gefühl für alle Beteiligten, dass er nicht
mitfahren kann. Auf die verschiedenen Medikamentenpackungen hat er die entsprechende
Krankheit geschrieben. Ob die Anwendung rektal oder oral erfolgen muss, können wir uns
aber aussuchen. Auch die Mappe mit sämtlichen Informationen, Plänen, Karten und
Kontakten liegt für uns bereit: - Bären, Wölfe und "andere Schrecken der Wildnis" Zwischen Panik und
Plüschtierleichtsinn
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Diesmal haben wir
leider keinen dabei, der mit dem Kompass den Längengrad oder die Uhrzeit bestimmen kann.
Gut, Volker nimmt ein GPS mit aber das zählt nicht. Batterien leer und schon
verirrt! Um 09:45 Uhr starten wir mit meinem Auto Richtung S-Bahn-Station Gustavsburg. Nach der Gepäckabgabe stoßen wir in der Schwarzwaldstube im Frankfurter Flughafen auf Charlys Gesundheit und eine gute Reise an. Jürgens Bemerkung: "Also in dieser Konstellation waren wir noch nie unterwegs", löst natürlich sofort wieder die Diskussion darüber aus, dass Charly diesmal nicht mit dabei ist. Wir haben aber keine Zeit jetzt gefühlsduselig darüber zu diskutieren es ist höchste Zeit unseren Flieger zu besteigen. Wir laufen durch den halben Flughafen und als wir endlich vor Gate 12 stehen, sagt man uns, das der Vogel von Gate 2 abfliegt. Also mit Siberian Air ab Frankfurt wegzukommen ist oftmals nicht einfach! Der letzte Bus steht schon bereit. Insgesamt sind wir noch zu sechst.
Es ist jetzt 14:35 Uhr, planmäßiger Abflug ist 14:50 Uhr. Im Bus und auch jetzt in der
Maschine ist es schweineheiss. Mit halbstündiger Verspätung heben wir endlich ab.
Normalerweise nicht erwähnenswert, aber wir müssen in Moskau unseren Anschlussflug nach
Krasnojarsk bekommen; und unsere Aufenthaltszeit ist auch ohne Verspätung schon knapp
bemessen. Ich blättere die von Charly zusammengestellte Infomappe durch. Es hilft ja
nichts wir müssen wissen, wann und wo die Schiffe anlegen, welche Unterkünfte es
gibt und wie weit es vom Flughafen in die Stadt ist und und und, ja und es steht
wirklich alles drin. Es ist halb neun als der Pilot endlich die Landeerlaubnis bekommt. Passkontrolle Gepäck holen KrasAir-Schalter suchen einchecken das könnte eng werden! Die Passkontrolle geht dann jedoch mehr als schnell über die Bühne; und knapp 15 Minuten später haben wir auch unsere Rucksäcke. Zwischenzeitlich hat Volker bei KrasAir angerufen um ihnen zu sagen das wir gleich kommen. Aber die sprachen nur russisch. Im Eilschritt laufen wir zum KrasAir-Schalter und können unser Gepäck direkt aufs Band legen. Zwei Minuten später haben wir die Bordkarten in der Hand und noch über eine Stunde Zeit. Vor der Personenkontrolle nimmt sich jeder eine blaue Wanne, legt sein
gesamtes Zeug, inklusive der Schuhe, hinein und stellt sich vor dem Durchleuchter an. Ach
ja, ein paar Plastiküberschuhe kann sich der fein bestrumpfte Fluggast auch noch
überziehen. Das hat System, finden wir. Geld tauschen ist in diesem Abflugsektor nicht
vorgesehen und Dollar oder Euro akzeptieren sie nicht. Also bezahlt Jürgen die drei Bier
mit der Kreditkarte. Ohne einen Rubel in der Tasche starten wir gen Krasnojarsk. |
Samstag, 10. September 2005
Von Krasnojarsk
nach Turuchansk Um 06:45 Ortszeit landen wir in Krasnojarsk. Wir müssen
draußen warten, bis unser Gepäck in den dafür vorgesehenen Raum gebracht wird. Das
Wetter ist gut bei 6 °C. Am Sibaviatrans-Schalter bekommen wir unsere Tickets nach Angabe
unserer Reservierungsnummer ausgestellt (Charly erscheint auch noch im Display). Aber was
tun, wenn wir sie nur mit Rubel bezahlen können? Volker versucht daher die gleiche Transaktion mit seiner Karte. Doch da
macht er die Rechnung ohne die Maschine. Sowohl bei 10.000 als auch bei 5.000 Rubel
erscheint die Meldung: Ihr Kontostand ist mangelhaft, Verzeihung! "Vielleicht
solltest Du mal Brigitte anrufen", scherzt Jürgen! Bei 2.000 hat die Kiste dann
endlich Erbarmen! Die 12.000 Rubel reichen exakt für die Flugtickets und für die
Busfahrt nach Krasnojarsk. |
Bei einem Schluck Cola und Keksen genießen wir
eine halbe Stunde lang die Septembersonne am Jenissej. Die Sonne spiegelt sich im Fluss,
der hier schätzungsweise 3- bis 4-mal so breit ist wie der Rhein in Köln. Viel sehen wir
nicht von Krasnojarsk. Die Stadt macht jedoch einen freundlichen Eindruck auf uns. Breite
Straßen, viele Bäume und ansehnliche Häuser. Sicher, es mag auch daran liegen, dass es
in Krasnojarsk keine Permafrostbauten gibt. Die lassen eine Stadt ja bekanntlich immer
etwas heruntergekommen aussehen. |
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Die Motoren dröhnen.
Nach dem Käseburger genehmigen wir uns einen Fingerhut voll. Der Flug verläuft ohne
Probleme und exakt nach der auf der Kotztüte vermerkten Zeit befinden wir uns im Anflug
auf Turuchansk. Die Rucksäcke nehmen wir direkt am Flugzeug im Empfang. Die Stadt, 80 Kilometer unterhalb des Polarkreises, hat heute noch etwa 6000 Einwohner. Ihre Geschichte reicht zurück bis ins Jahr 1607. Da gründeten die Kosaken hier eine Siedlung. Viele Gegner des Zarenregimes wurden Anfang des 20. Jahrhunderts nach Turuchansk verbannt. Stalin, der von 1913 bis 1917 mit einigen Unterbrechungen in Kureika in Verbannung lebte, war oftmals auch in Turuchansk. |
Im Magazin gegenüber dem aus Holz gebauten
Flughafengebäude fragen wir nach der Gastinitza Wankornefti, ernten aber nur ein
Lächeln. Wir laufen dann etwa zwei Kilometer in den eigentlichen Ort. Im Ort hält ein
japanischer Geländebus neben uns und der Fahrer gibt uns zu verstehen einzusteigen. Er
setzt uns direkt vor der Herberge ab.
Es regnet und es ist windig. Wir laufen über
eine riesige Kiesbank bis ans Ufer. Der wolkenverhangene Himmel und der Jenissej bilden
eine Einheit. Wir informieren uns am Anleger über die regulären Schiffsverbindungen.
Laut Plan soll hier alle zwei Tage ein Kahn festmachen, der dann weiter nach Norden
fährt. Auf dem Anleger kommen wir mit zwei Männern ins Gespräch. Nach Jermakowo sind es
120 Kilometer, wie uns einer der beiden bestätigt. Wir meinen auch rauszuhören, das es
möglich sei, ein Boot zu chartern um nach Jermakowo zu kommen. Im Hafen (besser gesagt am
Strand) liegen auch drei Boote, die aus unserer Sicht für eine solche Tour in Frage
kommen. Sogar ein kleines Tragflügelboot (Raketa) ist dabei. |
Oberhalb des Anlegers
befindet sich ein Kloster. Nun ja, Die alte Holzkirche aus dem 17. Jahrhundert existiert
nicht mehr. Der schlichte Steinbau ist jedoch frisch renoviert. Ikonen im eigentlichen
Sinn gibt es hier nicht, die Ikonen sind direkt auf die hölzerne Bilderwand (Ikonostase)
gemalt aber das fällt aus der Entfernung kaum auf. Wir lassen unsere
obligatorische Spende da und stellen 3 Kerzen auf. Turuchansk hat den Charakter einer großen, verstreuten Datschensiedlung. Die Palette der Gewächshäuser, in denen jetzt noch Tomaten und Kürbisse stehen, reicht von einer einfachen Plane bis zu originell gestalteten Glashäusern. |
Die Straßen sind nicht asphaltiert und um so
schwärzer, je näher sie an einer Kohlehalde liegen. Geheizt wird mit Kohle es
gibt mehrere kleinere, dezentral gelegene Heizwerke. Strom wird dagegen mit
Dieselaggregaten erzeugt. Und es gibt Magazine und das mehr als genug. Aber das was
wir am dringendsten brauchen bekommen wir nicht: Brennspiritus und Kochgas scheint es in
diesem Ort nicht zu geben.
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