Die Vorbereitungsphase

Charly ist wieder einmal der Federführende bei der diesjährigen Planung unserer Russlandreise. Diskussionen über mögliche Alternativziele außerhalb Russlands kommen gar nicht erst auf, da sich diese Reise als logische Konsequenz aus der letztjährigen ergibt. Ziel ist wiederum die Stalinbahn, die Salechard am Ob mit Igarka am Jenissej verbinden sollte. Diesmal ist das Teilstück "503" – genauer gesagt, die Gegend südlich von Jermakowo das Ziel. Dort sollen neben Lagern und Gleisen auch noch Lokomotiven in der Tundra stehen. Kureika, der Ort in dem Stalin vier Jahre in Verbannung lebte, wollen wir auch besuchen. Beide Orte liegen am Jenissej und sind 80 Kilometer voneinander entfernt.
Charlys unermüdliche Internetrecherchen fördern zutage, dass in der Umgebung von Jermakowo wohl zwei Lokomotiven geklaut worden sind. Solche Informationen können einem ja die ganze Vorfreude vermiesen (nichts gegen Charlys Recherchen). Wir fragen uns, wie sie das wohl angestellt haben! Wertvolle Informationen bekommen wir von unserer Lydia aus Rheine. Sie ruft für uns mehrfach in Igarka an und spricht mit der Direktorin des dortigen Permafrostmuseums. Wir können die Direktorin zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, sagt Lydia. Außerdem bekommen wir von Ihr wertvolle Informationen über Unterkünfte in Igarka und Turuchansk.

Die Flugroute diskutieren wir auch diesmal wieder ausführlich. Zudem müssen die regelmäßigen Schiffsverbindungen auf dem Jenissej in unsere Planung einfließen. Wir entscheiden uns schließlich nach Turuchansk zu fliegen und von Norilsk zurück. Unser Hauptziel Jermakowo, liegt genau dazwischen. Wir vertrauen darauf, dass es uns vor Ort schon irgendwie gelingen wird mit einem Schiff oder Boot von Turuchansk aus dorthin zu gelangen.
Frei nach dem Motto: Es gibt nichts was man nicht planen kann bringt Charly die Schlauchbootvariante ins Spiel. Er macht den ernst gemeinten Vorschlag, vier Schlauchboote von Deutschland mitzunehmen. Das garantiere unter Umständen eine gewisse Unabhängigkeit, meint er! Und um die Ernsthaftigkeit noch zu unterstreichen, hat er auch gleich mehrere Prospekte solcher Bötchen mit Angaben über Gewichte und Tragfähigkeit parat
Auf der ausgebreiteten Russlandkarte auf dem Billiardtisch lassen wir den Schlauchbootkonvoi schon mal probeweise auf dem Jenissej fahren. An manchen Stellen ist der Fluss 4 Kilometer breit. Bei dem Spaß, den wir an diesem Abend bei der Vorstellung, mit Schlauchbooten auf dem Jenissej unterwegs zu sein haben, müssten wir sie eigentlich kaufen (Ob Lena oder Jenissej, irgend etwas stimmt da doch nicht, oder? Ja richtig, oder wird groß geschrieben). Letztlich vertrauen wir jedoch darauf, dass es vor Ort geeignetere Boote gibt.
Auf Volkers Geburtstag, knapp eine Woche vor dem Start, kränkelt Charly. Bei Weißbrot und Tee sitzt er allein im ersten Stock, während unten die Geburtstagsgäste eine Köstlichkeit nach der anderen auf dem Brunchtisch platzieren. Er hat leichtes Fieber und fühlt sich schlapp. Sämtliche Ärzte, die er konsultiert (und es sind nicht wenige) wissen nicht was er hat. Einige Blutwerte liegen jenseits aller ärztlichen Vorstellungen. Am späten Donnerstag Abend ruft Charly an und teilt mir mit, dass er nicht mitfahren kann. Eine ebenso richtige, wie bittere Entscheidung.

Übersicht des Reiseverlaufs weiter im Text...

HOME