Die Vorbereitungsphase
Was zieht euch denn schon wieder nach Russland?
Und warum immer in diese entlegenen Gegenden? Diese, und ähnliche Fragen werden uns
oftmals gestellt. Eine Antwort darauf lässt sich nicht in einem Satz formulieren. Es sind
viele Dinge, die uns trotz mangelhafter Russischkenntnisse, in dieses Land ziehen. Zum einen sind das die Erlebnisse auf unseren bisherigen Reisen. Allem voran, die kaum zu beschreibende Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Menschen, die wir getroffen haben. Etwas Abenteuerlust, gepaart mit dem Reiz sich auf noch nicht ausgetretenen Touristenpfaden zu bewegen, ist auch dabei. Genauso wie die Bereitschaft sich immer wieder auf neue, überraschende Situationen einzustellen. Und solche Situationen sind in Russland nicht gerade selten. Das Interesse an der Geschichte der jeweiligen Region ist für uns selbstverständlich. Kurz gesagt: für Jürgen ist es die fünfte, für Charly und mich bereits die sechste Reise nach Russland. Während der Vorbereitungen zu unserer letzten Russlandreise nach Jakutien und Magadan Oblast im letzten Jahr, wurde die Polarbahn von Charly schon mal beiläufig erwähnt. Da Norwegen auch diesmal unserer Erwartungshaltung nicht genügen kann und auch Jürgens Vorschlag einer (über drei Jahre verteilten) Autotour von Moskau nach Magadan keine Mehrheit findet, rückt die auch als Stalinbahn bekannte Eisenbahnlinie in Nordwest-Sibirien in den Mittelpunkt unseres Interesses. Vorausgesetzt natürlich wir bekommen ein Visa für diese Region am Polarkreis. In der Gegend wird Gas gefördert und daher ist dies noch mit einem kleinen Fragezeichen versehen. Die Stalinbahn sollte Salechard am Ob mit Igarka am
Jenissej verbinden insgesamt 1300 Kilometer. Zunächst versuchen wir herauszubekommen ob es möglich ist, in der uns zur Verfügung stehenden Zeit von Salechard nach Nadym zu gelangen. Salechard und Nadym haben beide einen Flughafen und die 330 Kilometer sollten in 12 Tagen doch zu schaffen sein denken wir! Wir beschließen möglichst viele Informationsquellen anzuzapfen. Einen ausgearbeiteten Fragenkatalog fügen wir unseren E-mails nach Nadym, Salechard und Novy Urengoi bei. Fragen, ob es möglich ist die Strecke mit dem Mountainbike zu bewältigen oder wie hoch die Fließgeschwindigkeit des parallel zur Eisenbahntrasse verlaufenden Flusses Poluy ist, wollen wir beantwortet haben. Wir erhalten auch einige Antworten, aber wirklich brauchbare Infos sind nicht
darunter. Die ergiebigsten Quellen sind wieder die altbekannten: Die Visa bekommen wir problemlos. Die Buchung der Flüge gestaltet sich wider Erwarten schwierig; und das obwohl wir, was die Flugroute betrifft, relativ flexibel sind. Flexibel heißt: Wir wissen nicht wie die Strecke zwischen Salechard und Nadym aussieht ob es eine zumindest teilweise befahrbare Straße im Sommer gibt oder eine Bootsverbindung auf dem Poluy. Trotzdem ist unsere (vielleicht zu naive) Einstellung immer noch die: Irgendwie werden wir die 330 Kilometer schon bewältigen! Da auch die Eisenbahnvariante Moskau Labitnangi (liegt am Ob gegenüber
von Salechard) von mir trotz mehrerer Anrufe und E-mails in Moskau nicht zu buchen ist
(alles voll um diese Zeit), kommt letztlich das Angebot des Reisebüros LB Travel in Neuß
zum Zuge. In enger Abstimmung mit Jürgen (Charly ist mit Fernanda auf einem
Familientreffen in Mosambik und wir haben volle Handlungsfreiheit) entscheiden wir uns
für folgende Flüge: Nun leider zu dem weniger erfreulichen Kapitel im Rahmen unserer diesjährigen Reiseplanung! Ich mache es kurz: Volker fährt nicht mit! Es gibt eine ganze Reihe privater und auch beruflicher Gründe. Hier nur soviel: Es ist schade, dass er nicht dabei sein kann! Nach der Rückkehr aus Afrika stürzt sich Charly mit Macht in die letzten Vorbereitungen. Er kontaktiert Lena zwecks eines Treffens in Moskau und gräbt noch einige interessante Internetseiten aus. Unter anderem einen Stadtplan von Nadym, auf dem sogar die Öffnungszeiten der Magazine angegeben sind. Unsere Vorbereitungen überschatten zwei nahezu zeitgleiche Flugzeugabstürze am 25. August in Russland und ein Anschlag auf eine Moskauer Metrostation sämtlich Bombenanschläge extremistischer Tschetschenen. Die Geiselnahme in einer Schule in Beslan/Nord-Ossetien am 1. September, dem traditionell ersten Schultag in Russland, ist der schreckliche Höhepunkt dieser Kette. Am 27. August treffen wir uns bei Brinkmanns um die Details abzustimmen. Es gibt zwar keine wesentlichen Dinge mehr zu besprechen, doch aus alter Tradition heraus ist ein solches Treffen immer amüsant. |