Russische Schuhmode | Museumsbesuche | Abschiedsessen mit Maria | Rückreise
Montag, 13. September 2004
Ausschlafen, Fußpflege, Sachen trocknen und
ordnen sowie allgemeine Putz- und Flickstunde. Die 130 Kilometer stecken uns in den
Knochen. Außer den Schuhen ist am Vormittag bereits alles trocken. Jürgen rasiert sich,
Charly liest DIE ZEIT und ich lösche bedächtig einige Bilder von der vollen
Speicherkarte. Gegen Mittag gehen wir einkaufen und bereiten unsere letzten Vorräte in der Küche auf dem Gasbrenner zu. Danach lesen auch Jürgen und ich ein paar ZEIT-Artikel. Am späten Nachmittag lockt uns die Sonne nach draußen. Bei Sonne sieht alles freundlicher aus. Kaum haben wir unsere Gastiniza verlassen, da winkt uns ein Polizist aus einem Polizeiwagen zu. Es ist Nicholaj. Wer weiss wen wir noch alles so treffen.
Also außer den dicken Korporal würden wir
vermutlich keinen der gestrigen Gesellschaft wiedererkennen. Brauchen wir auch nicht
man erkennt uns ja. Ich wiederhole mich Nadym macht einen sauberen Eindruck.
Viele Häuser sind farbig gestrichen und neben den bekannten hässlichen Betonquadern gibt
es eine ganze Reihe neuer, moderner Gebäude. An den Außenwänden sieht man vielfach
Boxen, die aussehen wie Klimageräte. Im weitesten Sinne handelt es sich auch um solche.
Es sind Kühlboxen; das schließen wir aus den Flaschen, die wir in einigen der Boxen
erkennen.
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Im Schaschlikzelt am See werden wir mit einem
freundlichen Hallo begrüßt. Der Aserbaidschaner ist gerade dabei das Zelt von innen mit
fünf Zentimeter dicken Styroporplatten winterfest zu machen. Die Schrauben versucht er
mit einem Messer reinzudrehen. Charly kann gar nicht hinsehen. Wir trinken einen Tee und
erinnern uns daran, dass wir ja noch Maria anrufen müssen. |
Dienstag, 14. September 2004
Fahren um 08:00 Uhr bei strahlendem Sonnenschein
mit dem Bus zum Flughafen. Einfach mal sehen ob unser Flieger von der "State
Transport Company of Russia" (klingt nach Frachtflugzeug) morgen auch planmäßig
fliegt. Wir reichen eines unserer Tickets durch die Katzenklappe die Dame nickt
freundlich wie es aussieht ist alles klar. Mittags gibt es Apfelpfannkuchen. Sämtliche Reste an Trockenmilch, Trockenei und Mehl brauchen wir auf. |
Maria kommt pünktlich um zwölf. Zunächst
führt sie uns in ein Museum, welches die Geschichte von Nadym zeigt.
Die Stadt ist erst 1969 gegründet worden. Von 1953 (Einstellung des Baus der Polarbahn)
bis 1969 war hier nichts los nur der Schienenstrang moderte vor sich hin. Dann
wurde Gas gefunden! Ein Foto zeigt eine grimmig dreinschauende Frau mit markantem
Gesichtsprofil. Sie hat das Gas in der Gegend entdeckt (also der möchten wir wahrlich
nicht in der Tundra begegnen)! Es gibt viele Photos von der Entwicklung der Stadt und von
den Pionieren und Honoratioren. Ein schönes, etwa 30 m² großes Stadtmodell aus
Plexiglas, ist mitten im Raum aufgehängt. Die Dame des Museums erklärt die Exponate und
Maria übersetzt für uns. Unter anderem wollen wir wissen, wo denn der Begriff
"501" herkommt. Wir glauben zu verstehen, dass dies von einer Nummerierung aller
Projekte seitens des Moskauer Politbüros herrührt.
Danach gehen wir in eine Art Naturkunde- und
Geschichtsmuseum. Es ist kein offizielles Museum, sondern ein Ort in dem Kindern die Natur
und die Geschichte der Region näher gebracht wird. Dank Maria bekommen wir eine exklusive
Führung. Im Raum "Tiere der Tundra" ist neben einem kleinen Bär und einem Wolf auch
ein uns unbekanntes Tier ausgestellt. Sieht aus wie ein rötlich gefärbter, großer
plumper Marder mit kurzem Schwanz und kräftigem Gebiss. Das Tier schildert man uns als
sehr gefährlich. Zu Hause schlage ich in Brehms Tierleben nach und identifiziere den
plumpen Marder als Vielfraß. Brehm schreibt dem Vielfraß unter anderem folgende
Eigenschaften zu: |
Den Abschluss des heutigen Kulturteils bildet
ein Besuch in der Nadymer Exhibition Hall. Zwei Mädels, von denen eine leidlich Englisch spricht erläutern uns die wenigen Ausstellungsstücke. Die Ausstellung befinde sich gerade im Aufbau, sagen sie uns. Neben den obligatorischen Aufbaubildern von Nadym gibt es auch einige alte Funde aus dem 16. und 17. Jahrhundert zu bestaunen. Am interessantesten sind jedoch die aktuellen Fotos von Lagern entlang der Eisenbahnstrecke, die sie uns in einer Mappe zeigen. Sie sind mit dem Hubschrauber in die Lager geflogen und haben alle Bilder selbst gemacht. Alle Achtung Mädels kann was werden mit eurer Ausstellung! Das schreibe ich sinngemäß auch so ins Gästebuch. Ach ja, da war ja noch der Künstler, der seine Bilder schon in Berlin gezeigt hat. Wir können sein Angebot uns einige seiner Bilder zu zeigen natürlich nicht ablehnen. Den Abend verbringen wir mit Maria natürlich beim Georgier! Da schmeckt es ausgezeichnet und wir brauchen nicht zu bezahlen! Haha! Nein Spaß beiseite, wir gehen natürlich nicht mit dem Vorsatz dorthin nichts zu bezahlen. Aber irgendwie haben wir das Gefühl, dass es so endet wie beim letzten Mal.
Es gibt Kotelett mit Zwiebeln und Tomatensauce mit Brot. Danach Catchapuri und Tomatensalat. Als wir uns schon satt zurückgelehnt haben, wird für jeden noch eine mächtige Blätterteig-Käse-Schnitte serviert. Maria und ich müssen passen. Charly und Jürgen halten sich wacker. Am Nebentisch sitzt ein beleibter Mitfünfziger, der mit leidlichem Englisch versucht mit uns ins Gespräch zu kommen. Er ist Ölmanager hier in Nadym, sagt er. Er bietet an, uns morgen mit seinem Wolga zum Flughafen zu fahren. Dachte bisher, dass es hier nur Gas gibt. Na ja, vielleicht sucht er ja noch nach Öl. Im Verlauf des Abends schenkt Batan Amiran (so heißt unser Gastgeber) jedem von uns
ein 10-Rubel-Stück. Im Gegenzug rücken wir einige Euro-Münzen heraus. Ich nehme es
vorweg, das ist das einzige was wir heute "bezahlen" dürfen! In strömendem Regen begleiten wir Maria nach Hause. Sie lässt es sich nicht nehmen,
uns morgen zum Flughafen zu begleiten.
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Mittwoch, 15. September 2004
06:30 Uhr! Wir packen zusammen es geht
heimwärts! Um halb acht steht der Ölmanager mit seinem Wolga vor der Gastiniza. Kurze
Zeit später trifft auch Maria ein. Am Flughafen besteht er auf einem Abschlussphoto vor seinem Wagen. Unsere Rucksäcke lassen wir dafür unbeaufsichtigt in der Abflughalle stehen. "Das ist sicher, die klaut hier keiner," so sinngemäß Maria! Was für eine Stadt, denken wir bei uns!
Die Verabschiedung von Maria verläuft herzlich.
Man merkt ihr an, dass Ihr die Tage mit uns Freude gemacht haben. Ein Fläschchen
"4711" sowie zwei Tüten Gummibärchen überreichen
wir ihr zum Abschied. Na ja, ehrlich gesagt schon ein wenig mickrig, aber mehr
Verschenkenswertes haben wir einfach nicht. Wir versprechen, ihr einige Photos per Post zu
schicken. Unsere Schwellenplatten und die Nägel und auch Charlys Säge wecken die Aufmerksamkeit der Durchleuchter. Sie lassen uns aber anstandslos passieren. Der Flug von Moskau verläuft ruhig. Um 17:30 Uhr landen wir in Frankfurt. Anzumerken ist noch, dass wir keine Zigaretten mitnehmen. Sobald die Schachteln in der "La Paloma Bar" aufgeraucht sind bleibt die Luft Dienstags sauber. Na das ist doch mal ein Wort! |
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