Hurricane  |  Zion-Nationalpark   |  Kanab

Donnerstag, 18. Mai 2000

Jetzt wird es ernst für die beiden Fahrer – für die Beifahrer natürlich auch! Immer cool bleiben, sage ich mir, und sich beim Aufsteigen in den Beifahrersattel nicht allzu dämlich anstellen. Volker macht nach dem Frühstück telefonisch die Sache mit dem Harley-Vertreter klar. Wir können unseren übrigen Krempel dort lassen. Um 09.30 Uhr stehen wir mit Sack und Pack vor der Station.
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Die beiden Harleys – ganz in Schwarz und Chrom – blitzen  fahrbereit in der Sonne. Gut, Bierdosenhalter, Lautsprecherboxen für den Beifahrer sowie einen Rückwärtsgang gibt es nicht, aber die Gefährte machen trotzdem einen mächtigen Eindruck. Nachdem uns der Chef die notwendigen Funktionen (Starten, Losfahren, Sichern) erklärt hat, beginnen wir mit dem Umpacken der Klamotten. Die offenen Koffer und Taschen um die beiden Harleys plaziert, lassen auf eine mehrwöchige Expedition schließen.. "What are you doing? You rent the bikes only for 4 days!" – so sinngemäß der Chef des Ladens. Wir lassen uns nicht beirren und verstauen alles Notwendige nach alter Backpackermanier.

Nachdem alles verstaut ist, machen wir uns für die Tour fertig: Nix Fransenjäckchen, nix Nietenhöschen – einzig ich stehe da in voller schwarzer Ledermontur und komme mir etwas overdressed vor. "Mit der Brille (die coole, augenschonende) siehst Du aus wie Quax der Bruchpilot", so Charly.
Charly sieht mit seinen Knobelbechern aus, als breche er gerade zum THW-Althelfer-Treffen auf. Die alte Lederjacke und der Halbintegralhelm versprühen das Yamaha-Flair der späten 70er Jahre. Brigitte sieht mit ihrer Goretexjacke eher wie ein Vespamäuschen aus, das mit dem Roller zum Stracciatella-Schlecken in die nächste Eisdiele fährt. Und Volker – ja, Volker ist ganz falsch hier. Das Mekka der Mountainbiker ist doch Moab und nicht Vegas! Oder? Mit den klassischen schwarzen Harleyhelmen passen wir das Outfit zumindest etwas wieder an.
Aber kommt es denn wirklich auf das Aussehen an? Ich denke, nein. Hauptsache, die Jungs haben die Technik drauf, die Maschinen zu beherrschen.

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Nach einer kurzen Eingewöhnungsrunde geht es los. Das mit dem Aufsteigen in den Beifahrersessel klappt bei Brigitte und mir auf Anhieb. Und so sind wir um 11.15 Uhr bei strahlendem Sonnenschein wie man so sagt "on the road"!
Raus aus Vegas in nördlicher Richtung.

Man sitzt wirklich bequem dahinten. Ich kann schön über Charly´s Helm schauen (Brigitte hat da wohl etwas mehr Probleme). Aber für mich ist die Rund-um-Sicht garantiert. Jetzt können sie kommen, die Scenic Views!
Die beiden Fahrer beherrschen die Harleys von Anfang an problemlos – Brigitte und ich sind echt beeindruckt. Das Valley of Fire kurz hinter Vegas bedeutet einen Umweg von 30 bis 40 Meilen. Wir lassen es rechts liegen, da unser Tagesziel der North Rim des Grand Canyon ist – und das sind noch ein paar Meilen.

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Das Wetter ist prächtig: sonnig und nicht zu heiss! Es geht zunächst durch spärlich bewachsene Halbwüste über die Interstate.

Drei Hamburger und  für Brigitte eine "Jumbo"-Cinnamonrole...

Ständig überholen uns Trucks, da diese viel mehr PS unter dem Hintern haben als wir. Der Wind ist heiss und bläst ziemlich heftig; er rüttelt ständig vor allem an den Beifahrern. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von knapp 60 Meilen pro Stunde dreht sich die Tachowelle eher langsam – wir fahren gemütlich. Man sagt in der Fachsprache auch "cruisen" dazu.

Den ersten obligatorischen 4-Stunden-Stopp für den kleinen Hunger zwischendurch machen wir in Hurricane. Drei Hamburger und eine "Jumbo"-Cinnamonrole für Brigitte. Noch ist es sonnig, doch es ziehen zunehmend dunkle Wolken auf, die Regen ankündigen. Wir können inzwischen abschätzen, dass wir es nicht bis zum North Rim schaffen. Neues Tagesziel ist Kanab. Kaum fallen die ersten Regentropfen, leuchtet an unserer Maschine ein rotes Lämpchen auf. Achselzucken bei allen Beteiligten. Zwei andere Harley-Fahrer, die wir an einer Tankstelle nach der Bedeutung fragen, wissen es auch nicht. Die Benutzeranleitung sagt, man solle sich an den nächsten Händler wenden. Gesunder Menschenverstand bringt mich dann aber auf die Erklärung: Regen und Harley fahren – das passt einfach nicht, das ist wie Biertrinken im Schatten einer Moschee – das macht man einfach nicht. Also, was bedeutet die rote Lampe? Schaffe die Maschine ins Trockene und warte bei einem Döschen Budweiser, bis die Straße wieder trocken ist!!
Ich meine, so was können die doch gleich ins Userguide schreiben – man denkt sich ja sonst was.

Volker und Charly wollen gar den Harley-Händler verständigen; glücklicherweise ist es schon zu spät – keiner mehr da. Ich nehme es vorweg: Als es im Laufe unserer Tour wieder trocken und auch wärmer wird, leucht auch kein Lämpchen mehr. Aber was soll´s, wir haben für über 1000 Meilen 4 Tage Zeit und da werden uns ein paar Tropfen doch nicht unser Tagesziel abspenstig machen. Wir rüsten auf, denn mit Einsetzen des Regens wird es auch fühlbar kälter – wir befinden uns auf 1500 bis 1700 m Höhe.

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Die Regenfahrt zum Zion-Nationalpark wird mit einem phantastischen, talüberspannenden Doppelregenbogen belohnt. Es sieht so aus, als wandere er mit uns mit. Wir kurven durch den Zion-Nationalpark – der Regen hat aufgehört. Bei 20 $ Eintritt kann man das wohl auch verlangen. Der Zion-Nationalpark bietet wirklich etwas für´s Auge, auch wenn man ihn "nur" auf der Straße durchquert.

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Ein kleiner Fußmarsch zu einem Aussichtspunkt – ein wenig Abwechslung muss sein.

Welch eine Wohltat ist es – entgegen dem ersten Teil der Strecke auf den Interstates – jetzt mit 30 bis 40 Meilen pro Stunde zu fahren und die tolle Landschaft zu genießen. Für uns fängt hier die Harley-Tour erst an.

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Manche nutzen diese kleine Pause zum Ausspannen hoch oben auf dem Berg.

Wir erreichen Kanab, als es schon fast dunkel ist. 1. Tagesetappe: 230 Meilen! Nicht schlecht für den Anfang.

Brigitte beklagt sich, von den anderen Harleyfahrern nicht immer gegrüßt zu werden. Vielleicht bekommen die vor lauter Staunen ob unser aller Outfit die Hand nicht ausgestreckt. Ansonsten ist es schon üblich, dass man sich unter Gleichgesinnten grüßt. Volker sieht mit seiner roten Jacke auch eher aus wie Red Adair im Einsatz!


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