Charly putzt den Harley-Koffer und
reinigt seine Sachen: Eine Coladose hat sich über den Krempel ergossen (Schuld war wohl
die Hitze vom Vortag). Nach kurzer Morgentoilette packen wir die Klamotten und bauen das
Zelt ab. Eine halbe Stunde später blitzen die beiden Maschinen abfahrbereit in der Sonne.
Aber zuvor müssen noch alle Hand anlegen, um die Kisten aus dem Schotter zu ziehen. Ohne
Rückwärtsganges auf schlechtem Untergrund eine echte morgendliche Aufwärmübung! Die
Gefährte drohen einzusinken.Das heißt für die Beifahrer: Erst wieder auf der Straße
aufsteigen. Endlich geht es los. Doch bereits nach 20 Meilen halten wir in Kayenta
zum Frühstück (mexikanisch). Sieben Stunden, ohne einen Bissen zu essen so wie
gestern das soll heute erst gar nicht einreissen. Da sind wir (zumindest Brigitte
und ich) uns einig.
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Bei der täglichen Diskussion über
das Outfit der einzelnen Tour-Teilnehmer gebe ich zum Besten: "Wenn jetzt der
Präsident des Harley-Clubs von South Nevada vorbeikäme, wen würde der wohl mit
Handschlag begrüßen?" Allgemeine Heiterkeit in der Runde! Charly: "Klar, Dich
Norres Du gehst sicherlich auch als Vize-Präsident durch!"
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Ein 45-minütiger Marsch auf einem Trail ein Stück hinunter und wieder hinauf.
Nur ja nicht ins Schwitzen kommen! Charly schleicht wie ein Chamäleon auf Beutefang den
Trail wieder hinauf. Mit seinen Knobelbechern und dem Schiesser-Feinripp-Unterhemd bietet
er zahlreichen Wanderern ein willkommenes Schmunzelpäuschen.
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Unsere
nächste Station ist der South Rim des Grand Canyon.
Wir können von hier aus die Rauchschwaden des Waldbrandes am North Rim beobachten. |
Das Harleyfahren wird
bei Charly und Volker fast schon zur Routine; sieht alles sicher und gekonnt aus. Gut, bei
stehender Maschine gibt es den ein oder anderen Lapsus: So will Charly losfahren, ohne
zuvor das Bremsscheibenschloss entfernt zu haben Volker gießt etwas zuviel
Motoröl hinein, so dass die Brühe überläuft. Pint oder Quart, Liter oder Gallone
nun ja, so schnell hat man halt das richtige Maß nicht parat. Aber das sind
wirklich nur Kleinigkeiten, sonst läuft alles wie geschmiert. Brigitte und ich tragen auch jeder
ihren/seinen Teil dazu bei: Perfektes Auf- und Absteigen, Schieben der Harley auf engem
Terrain sowie Kartenlesen im Fahrtwind, um nur die wichtigsten Tätigkeiten aufzulisten.
Ach ja, Fotografieren hätte ich beinahe vergessen! Aus allen möglichen und unmöglichen
Positionen machen wir Schnappschüsse.
Also, untätiges Rumsitzen auf der erhöhten Rückbank ist nicht! |
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Also wenn ich als Vizepräsident eines Harley-Clubs durchgehe,
gewinnt Volker jeden
"John Wayne-Memorial-Wettbewerb"! |
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Unsere heutige
Tagesetappe: 250 Meilen!
Insgesamt steht der Zähler jetzt auf 768 Meilen. Die 1000 werden wir wohl erreichen! |
Abends sitzen wir gemütlich in
einem kleinen Steakhaus unweit unseres Motel in Williams
an der Route 66. An dieser Stelle muss ich etwas weiter ausholen:
Zur Erinnerung für die Beteiligten: Die Diskussion über Mittelmäßigkeit wird
nachfolgend ad absurdum geführt! Zu einem echten Steak gehört auch ein Bier so
denken zumindest Brigitte, Volker und ich und bestellen folglich auch eines. Nun
ja, ein Bier bestellen kann bekanntlich jeder, aber ob er oder sie auch eins bekommt,
hängt von mancherlei Faktoren ab. Einer dieser Faktoren ist das Alter und eben
dieser ist bei Brigitte der ausschlaggebende!
Als sie bei der Bedienung in leicht singendem Südstaatenslang "one large beer"
ordert, zögert die Gute zunächst. Nach einer Pause sagt sie an Brigitte gerichtet:"
Can you show me your passport, please!" Wir schauen uns alle sichtlich überrascht
und leicht schmunzelnd an. Nach einer weiteren Aufforderung an Brigitte doch bitte ihren
Pass zu zeigen, ist klar, dass keine entflohene Strafgefangene gesucht wird, sondern die
Aufforderung einzig und allein dazu dient, Brigittes Alter zu erfahren. Die meint das
ernst Leute!
Klar, wir sehen Brigitte quasi in einem anderen Licht haben wir doch vor nicht
allzu langer Zeit ihren 30sten gefeiert. Diese Insiderkenntnisse können wir bei dem
Steakhausmädel natürlich nicht voraussetzen.
An unter 21-jährige darf kein Alkohol ausgeschenkt werden und das hat sie
sicherzustellen. Und bei Brigitte befielen sie da halt leichte Zweifel!
Brigitte kann sich ein Lächeln
nicht verkneifen, als sie ihren Pass zur Alterskontrolle aushändigt. Nachdem die
Bedienung die entscheidende Angabe in dem Dokument gefunden hat, erwarten
wir von ihr zumindest auch ein leichtes Schmunzeln. Aber nichts dergleichen sie
stammelt eine uns nicht verständliche Entschuldigung und hat es plötzlich eilig unseren
Bestellungen nachzukommen.
Tja, wie ist diese Reaktion zu deuten? Für uns gibt es da nur zwei mögliche
Erklärungen:
a) Ihr Beschützerinstinkt wurde
geweckt
("Was sind das denn für drei komische Typen? Verleiten das arme Mädel sicher zu
exzessivem Alkoholkonsum und was dann passiert da will ich garnicht erst drüber
nachdenken")
Nun ja, es ist ja nicht von der Hand
zu weisen: "John Wayne", der "THW-Althelfer" und der
"Vizepräsident" vermögen schon Beschützerinstinkte zu wechen.
b) Der pure Neid
("Ist bestimmt in meinem Alter das Mädel mit den drei Grufties. Mache mir mal nen
Spass und überprüfe das")
Tja, bei der Überprüfung sackte
unserer forschen Bedienung dann sichtlich die Kinnlade nach unten. Wahrscheinlich ist sie
Mitte 20 und versteht jetzt die Welt nicht mehr. Eine Music-Box mit dem Titel
"Forever Young" wäre jetzt das i-Tüpfelchen. Vielleicht ja morgen auf dem good
old "Route 66-Sender"! |