Grand Canyon (South Rim)  |  Williams 

Samstag, 20. Mai 2000

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 image072k.jpg (7223 Byte) Ab viertel vor sechs warten wir auf den Sonnenaufgang. Das Zelt haben wir tags zuvor natürlich so aufgebaut, dass wir die Sonne bei geöffnetem Zelteingang im Liegen aufgehen sehen können. Marlboro-Country pur.
Unser Blick schweift über die drei markantesten Felsformationen des Tales. Das Spiel von Sonne, Nebelschicht, den Silhouetten der Felsen und das Wiedererwachen der Farben dauert etwa eine halbe Stunde.
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Charly putzt den Harley-Koffer und reinigt seine Sachen: Eine Coladose hat sich über den Krempel ergossen (Schuld war wohl die Hitze vom Vortag). Nach kurzer Morgentoilette packen wir die Klamotten und bauen das Zelt ab. Eine halbe Stunde später blitzen die beiden Maschinen abfahrbereit in der Sonne. Aber zuvor müssen noch alle Hand anlegen, um die Kisten aus dem Schotter zu ziehen. Ohne Rückwärtsganges auf schlechtem Untergrund eine echte morgendliche Aufwärmübung! Die Gefährte drohen einzusinken.Das heißt für die Beifahrer: Erst wieder auf der Straße aufsteigen. Endlich geht es los. Doch bereits nach 20 Meilen halten wir in Kayenta zum Frühstück (mexikanisch). Sieben Stunden, ohne einen Bissen zu essen – so wie gestern – das soll heute erst gar nicht einreissen. Da sind wir (zumindest Brigitte und ich) uns einig.

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Bei der täglichen Diskussion über das Outfit der einzelnen Tour-Teilnehmer gebe ich zum Besten: "Wenn jetzt der Präsident des Harley-Clubs von South Nevada vorbeikäme, wen würde der wohl mit Handschlag begrüßen?" Allgemeine Heiterkeit in der Runde! Charly: "Klar, Dich Norres –  Du gehst sicherlich auch als Vize-Präsident durch!"

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Ein 45-minütiger Marsch auf einem Trail ein Stück hinunter und wieder hinauf. Nur ja nicht ins Schwitzen kommen! Charly schleicht wie ein Chamäleon auf Beutefang den Trail wieder hinauf. Mit seinen Knobelbechern und dem Schiesser-Feinripp-Unterhemd bietet er zahlreichen Wanderern ein willkommenes Schmunzelpäuschen.

 

Unsere nächste Station ist der South Rim des Grand Canyon. Wir können von hier aus die Rauchschwaden des Waldbrandes am North Rim beobachten.
Das Harleyfahren wird bei Charly und Volker fast schon zur Routine; sieht alles sicher und gekonnt aus. Gut, bei stehender Maschine gibt es den ein oder anderen Lapsus: So will Charly losfahren, ohne zuvor das Bremsscheibenschloss entfernt zu haben – Volker gießt etwas zuviel Motoröl hinein, so dass die Brühe überläuft. Pint oder Quart, Liter oder Gallone – nun ja, so schnell hat man halt das richtige Maß nicht parat. Aber das sind wirklich nur Kleinigkeiten, sonst läuft alles wie geschmiert.

Brigitte und ich tragen auch jeder ihren/seinen Teil dazu bei: Perfektes Auf- und Absteigen, Schieben der Harley auf engem Terrain sowie Kartenlesen im Fahrtwind, um nur die wichtigsten Tätigkeiten aufzulisten. Ach ja, Fotografieren hätte ich beinahe vergessen! Aus allen möglichen und unmöglichen Positionen machen wir  Schnappschüsse.
Also, untätiges Rumsitzen auf der erhöhten Rückbank ist nicht!

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Also wenn ich als Vizepräsident eines Harley-Clubs durchgehe, gewinnt Volker jeden
"John Wayne-Memorial-Wettbewerb"!

image091k.jpg (5361 Byte) Unsere heutige Tagesetappe: 250 Meilen!
Insgesamt steht der Zähler jetzt auf 768 Meilen. Die 1000 werden wir wohl erreichen!

Abends sitzen wir gemütlich in einem kleinen Steakhaus unweit unseres Motel in Williams an  der Route 66. An dieser Stelle muss ich etwas weiter ausholen:
Zur Erinnerung für die Beteiligten: Die Diskussion über Mittelmäßigkeit wird nachfolgend ad absurdum geführt! Zu einem echten Steak gehört auch ein Bier – so denken zumindest Brigitte, Volker und ich – und bestellen folglich auch eines. Nun ja, ein Bier bestellen kann bekanntlich jeder, aber ob er oder sie auch eins bekommt, hängt von mancherlei Faktoren ab. Einer dieser Faktoren ist das Alter – und eben dieser ist bei Brigitte der ausschlaggebende!
Als sie bei der Bedienung in leicht singendem Südstaatenslang "one large beer" ordert, zögert die Gute zunächst. Nach einer Pause sagt sie an Brigitte gerichtet:" Can you show me your passport, please!" Wir schauen uns alle sichtlich überrascht und leicht schmunzelnd an. Nach einer weiteren Aufforderung an Brigitte doch bitte ihren Pass zu zeigen, ist klar, dass keine entflohene Strafgefangene gesucht wird, sondern die Aufforderung einzig und allein dazu dient, Brigittes Alter zu erfahren. Die meint das ernst Leute!
Klar, wir sehen Brigitte quasi in einem anderen Licht – haben wir doch vor nicht allzu langer Zeit ihren 30sten gefeiert. Diese Insiderkenntnisse können wir bei dem Steakhausmädel natürlich nicht voraussetzen.
An unter 21-jährige darf kein Alkohol ausgeschenkt werden – und das hat sie sicherzustellen. Und bei Brigitte befielen sie da halt leichte Zweifel!

Brigitte kann sich ein Lächeln nicht verkneifen, als sie ihren Pass zur Alterskontrolle aushändigt. Nachdem die Bedienung die entscheidende Angabe in dem Dokument gefunden hat, erwarten wir von ihr zumindest auch ein leichtes Schmunzeln. Aber nichts dergleichen – sie stammelt eine uns nicht verständliche Entschuldigung und hat es plötzlich eilig unseren Bestellungen nachzukommen.
Tja, wie ist diese Reaktion zu deuten? Für uns gibt es da nur zwei mögliche Erklärungen:

a) Ihr Beschützerinstinkt wurde geweckt
("Was sind das denn für drei komische Typen? Verleiten das arme Mädel sicher zu exzessivem Alkoholkonsum und was dann passiert – da will ich garnicht erst drüber nachdenken")

Nun ja, es ist ja nicht von der Hand zu weisen: "John Wayne", der "THW-Althelfer" und der "Vizepräsident" vermögen schon Beschützerinstinkte zu wechen.

b) Der pure Neid
("Ist bestimmt in meinem Alter das Mädel mit den drei Grufties. Mache mir mal nen Spass und überprüfe das")

Tja, bei der Überprüfung sackte unserer forschen Bedienung dann sichtlich die Kinnlade nach unten. Wahrscheinlich ist sie Mitte 20 und versteht jetzt die Welt nicht mehr. Eine Music-Box mit dem Titel "Forever Young" wäre jetzt das i-Tüpfelchen. Vielleicht ja morgen auf dem good old "Route 66-Sender"!


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