Dudinka hat ein Schaschlikzelt  |  Abflug

Montag, 13. September 2004

Dudinka – zwei Museen und ein Schaschlikzelt

08:00 Uhr – ich wecke Volker und Jürgen per Telefon. Frühstück bei Volker in der Suite. Was steht heute auf dem Programm? Die zwei Museen müssen wir einfach besuchen – wir können es schon vor Charly nicht verantworten, sie auszulassen. Ob wir heute noch nach Norilsk fahren oder abends direkt zum Flughafen, haben wir noch nicht endgültig entschieden. Wir rödeln erst einmal auf und deponieren unsere Rücksäcke an der Rezeption.
Strahlender Sonnenschein. Das eine Museum entpuppt sich als Verkaufsstelle für regionale Handwerksartikel (Schnitzereien aus Elfenbein, Bilder und Fellsachen). Das andere ist wirklich ein richtiges Museum. Neben der großen Abteilung "Ureinwohner" gibt es "Tiere und Pflanzen des Nordens" und den Raum des Großen Vaterländischen Krieges. Aber der aufmerksame Besucher entdeckt auch ein Foto vom Bau der Eisenbahnstrecke Dudinka-Norilsk von 1942. Mit uns stürmt eine Schar 4- bis 6-jähriger durch die Museumsräume. Ein Eintrag ins Gästebuch rundet den Besuch ab.
In einem nagelneuen Bus mit der Aufschrift Norilsk Nickel fahren wir bis zur Endstation. Volker ist fürs Busfahren immer zu begeistern. Es geht durch die Stadt und zum Teil auch durch das Hafengebiet. Hier ist schon mehr los als in Igarka. Die zahlreichen Kräne sind alle noch in Betrieb. Die Endstation markiert unseren nördlichsten Punkt dieser Reise: 69° 24´ 46´´ nördliche Breite, 80° 09´ 42´´ östliche Länge.

dudi5.jpg (39463 Byte)
Viele solcher Holzstege führen in Dudinka über die freien Flächen zwischen den Häusern. Die Häuser stehen alle auf Betonsäulen, die 10 Meter in den Permafrostboden reichen.
dudi8.jpg (34072 Byte) Der Gleisreparaturzug hält die Strecke Norilsk - Dudinka in Schuss.

Vor der Kirche genießen wir bei Sonnenschein, Keksen und Saft den Blick über den Hafen. Direkt vor der Kirche steht ein großes Lenindenkmal.
Am Busbahnhof erfahren wir, dass der letzte Bus zum Flughafen gerade abgefahren ist. Also doch noch nach Norilsk und von dort zum Flughafen oder den 6 Uhr-Bus morgen früh nehmen? Der Flieger geht um 09:00 Uhr. Nachdem uns die Billetverkäuferin versichert hat, dass der morgige 07:00 Uhr-Bus schon der richtige für den 9 Uhr-Flug ist, kaufen wir 3 Tickets für morgen. Norilsk fällt aus! Zudem besteht in Norilsk durchaus die Gefahr noch einmal verhaftet zu werden. Nichts gegen den gestrigen Tag, aber zweimal müssen wir eine solche Prozedur nicht über uns ergehen lassen.

Unser Versuch, in einer günstigeren Gastinitza unterzukommen, scheitert kläglich! 4500 Rubel wollen die in der Absteige in Busbahnhofnähe haben – alles inklusive! Was das wohl heißt? Die folgende Äußerung rückt jedoch alles wieder ins richtige Licht – sprich Rotlicht: "Wenn Sie nur schlafen wollen, dann ist ihre Gastinitza genau das Richtige!" Das verstehen wir und so bleiben wir in unserer alten Herberge. Auf dem Zimmer machen wir Kassensturz. Der endet damit, dass Volker und Jürgen losmarschieren um noch 10.000 Rubel zurückzutauschen.
Ach ja, hätte ich fast vergessen zu erwähnen: Volker ersteht in einem Outdoorladen ein Paar russische Winterstiefel. Einfach anprobiert und zack gekauft. Er bezahlt 45 Euro (pro Minusgrad kosten sie ein Euro). Am späten Nachmittag machen wir einen Streifzug durch die Rand- und Hafenbezirke von Dudinka. Wir laufen entlang der Eisenbahnstrecke Dudinka-Norilsk. Als ein Güterzug vorbeirattert sinniert Volker: "Wär doch was, auf einem Güterwaggon nach Norilsk fahren!" Wie dürre Pferdeköpfe sehen die Kräne aus, die am Fluss Dudinka stehen. Schrottberge, Schutt, Holzabfälle und immer wieder die abenteuerlichsten Rohrkonstruktionen. Container stehen in dreifach gestapelten Reihen auf dem Hafengelände. Wir können uns nicht vorstellen, dass auch nur die Hälfte davon genutzt wird. Doch das kann täuschen. Es ist jetzt 19:00 Uhr und er herrscht reger LKW-Verkehr. Norilsk wird sicher auch von hier versorgt. Ein langer Gleisreparaturzug rangiert im Zeitlupentempo vor unserer Nase.
Wir kehren gegen 20:00 Uhr im einzigen Schaschlikzelt von Dudinka ein. Eine Zeltkultur wie in Nadym gibt es hier nicht.

dudi9.jpg (55222 Byte) Im einzigen Schaschlikzelt Dudinkas: 150 Gramm Schaschlick mit Zwiebeln und Tomatensauce sind unser Abschiedsessen.

Wir wollen etwas Wodka für den Porzer Keller kaufen und landen in dem Edelsupermarkt von Dudinka. Volker und Jürgen kommen nicht an einem Muffin vorbei und ich werde beim Anblick des Räucherfisches schwach. Dazu noch ein Stück Schokolade und ab aufs Zimmer. Dort lassen wir die zwei Tage in Dudinka nochmals Revue passieren.

Mittwoch, 21. September 2005

Abflug von Norilsk

Erstmalig haben wir die Weckfunktion der Handys und die von Volkers Armcomputer aktiviert. Um 05:30 laufen wir durch das verschlafene Dudinka zum Busbahnhof. Ein Kran im Hafen bewegt aber schon einige Container. Der Bus fährt pünktlich ab und wir sind um 07:10 am Flughafen. Also vor 14 Jahren sah es in der Halle anders aus! Moderne Anzeigetafeln zeigen die Flüge an. In einer Ecke steht ein Touchterminal in Edelstahlausführung auf dem Informationen der Region aufgerufen werden können. Alles macht einen sauberen Eindruck. Beim Abflugkaffee in der Cafeteria ernte ich von meinen Mitreisenden erstaunte, ungläubige Blicke. Grund ist die Tatsache, dass ich unseren Frühstücksbeutel mit im großen Rucksack verstaut habe; und den haben wir gerade aufgegeben. Jetzt sitzen wir bei heißem Kaffee und die beiden verlangen ihre Schmankerl, die sie sich gestern extra fürs Frühstück gekauft haben. Aus dem Flugzeugfenster sehen wir die Rauchschwaden der Norilsker Schlote.

Was die Platznummern auf unseren Boardkarten schon vermuten lassen, bekommen wir in der Kabine bestätigt: Business Class! Nach den Anstrengungen der letzten Tage in Dudinka ein schöner Ausgleich. Kurz darauf überreicht mir ein Steward einen Aufkleber auf dem "Norbert Baggasch" steht. Ich hatte als einziger keine Gepäckabschnitt auf dem Ticket. Vielleicht wird ja überwacht, dass wir auch tatsächlich abfliegen?
Auf den nördlichen Ausläufern des Ural liegt schon Schnee. Wer in Deutschland Bundeskanzler/in ist wissen wir immer noch nicht. In den gestrigen russischen Abendnachrichten wurde über einen Schaftreibewettbewerb und Sportangeln berichtet – kein Wort zum Ausgang der Wahl in Deutschland.
In Moskau geht alles planmäßig über die Bühne und so landen wir pünktlich um 14:00 Uhr in Frankfurt.

 

Fazit von Jürgen:
Erstmals in dieser Konstellation (Volker, Norres und ich) unterwegs. Der Chefplaner und Antreiber war diesmal leider nicht dabei. Kann sein, dass manchmal – so gegen 9 Uhr morgens – der obligatorische Tritt fehlte. Aber es war mal wieder ein wirklich gelungener Auftritt unserer "Reisegruppe" in unserer fast zweiten, kalten Heimat! Es macht einfach großen Spaß, auf diese Art und mit diesen Freunden unterwegs zu sein!


Übersicht der Reise

weiterführende Links

HOME