Montag, 9. September 2002

Verpflegung für die Fahrt  | Sanddünen Mongol Els 

"He guck mal, könnte das nicht schon Ulan-Baator sein?" murmelt Volker noch leicht schlaftrunken. Es ist halb acht am Morgen. Klar, was soll es denn sonst sein! Also raus aus den Säcken und aufrödeln! Das ging ja wirklich schneller als erwartet. In Russland geht alles nach Moskauer Zeit. Das heißt z. B. "Abfahrt Irkutsk 3:46 Uhr", in Irkutsk ist es dann aber schon 8:46 Uhr. So glaubten wir aus "Ankunft Ulan-Baator 8:50 Uhr" dann 13:50 Uhr machen zu müssen. Pustekuchen! Alle Zeiten in Ulan Baator sind Vor-Ort- Zeiten. Aus dem Zug steigen wir bei strahlendem Sonnenschein.
Auf dem Weg ins Zentrum laufen wir über den Busbahnhof, wo wir wohl auch ein Auto mit Fahrer mieten können. Aber so richtig werden wir als potentielle Kunden nicht registriert. Und Englisch konnte auch keiner von denen. Der von Charly avisierte Kartenladen hatte noch geschlossen. Also suchen wir uns zunächst einmal eine Bleibe – sprich Guesthouse. 4 $ pro Person in einem 4-Bettzimmer. Die Managerin spricht leidlich deutsch. Hinzu kommt, dass hier auch Touren angeboten werden. Und so geht es – nach einer noch nicht zwingend notwendigen Dusche in das Büro, um unsere Vorstellungen der Reise mit den Angeboten der Veranstalter abzugleichen. Ich nehme es vorweg. Es kam wie es kommen musste (mongolische Gleichmütigkeit hin oder her): Vier Stunden später hat Jürgen seine Tochter am Handy: "Wir fahren jetzt in die Steppe – da gibt's die nächsten 5 Tage kein Telefon – grüß die anderen und Tschüss!". Aber nun mal der Reihe nach:
Unser Gegenüber, der Tourorganisator, nickt immer nur beiläufig, als wir ihm die Orte aufzählen, die wir besuchen wollen. Eine Menge Fahrerei soll es sein, aber problemlos möglich. Um das zu verdeutlichen, hält er uns den Taschenrechner mit den Spritkosten vor die Nase: 115 $ . Insgesamt soll die Tour inklusive Fahrer und für 5 Tage 290$ kosten. Das ist weniger als die günstigsten Angebote in meinen E-mails. Der Vertrag ist so gut wie perfekt, als sich auch noch herausstellte, dass wir binnen 2 Stunden aufbrechen können. Zur Sicherheit gehen wir nochmals die Strecke durch, damit der Bursche dies auch dem Fahrer korrekt mitteilen kann; denn der spricht weder Deutsch noch Englisch und so gut Russisch wie wir. 200 $ zahlen wir sofort – den Rest bei Rückkehr. "Ungewöhnlich, " so Charly – "meist ist der gesamte Betrag im voraus zu zahlen."

Wir verabreden uns für 13.00 Uhr vor dem Guesthouse.
Besorgen dann noch im Eilschritt ein paar Karten unserer Zielgegend. Im Aeroflot-Büro wollen wir die Flüge nach Irkutsk rückbestätigen. Es stellt sich jedoch heraus, dass wir mit der MIAT fliegen. Jetzt ist mir auch klar, warum im Bordmagazin von Aeroflot keine Antonow 24 abgebildet war. Jürgen und ich versuchen in einem gut ausgestatteten Ausrüsterladen die gängigen Gaskartuschen zu bekommen – ohne Erfolg. Charly und Volker bestätigten derweil die Flüge im MIAT-Büro. Kaffeetrinken fällt aus, da es kein heißes Wasser im Café gibt. Aus Charlys Sicht auch gut so – er mahnt schon seit einiger Zeit zur Eile. Um kurz nach eins stehen wir vor dem russischen Minivan – der Fahrer sitzt schon drin. Baira heißt er in der Kurzform – ist so um die 50 – etwas kleiner als Jürgen. Er sieht aus wie ein nordamerikanischer Indianer, sagt Charly. Das Auto sieht recht robust aus und ist in sehr sauberem Zustand. Gepäck rein, der Fahrer ist instruiert und los geht's.
Ein Supermarkt ist das Ziel. Die Fahrt zieht sich. Ein Mongole lässt keinen rein, es wird hartnäckig um jeden Zentimeter gerungen. Wir fahren einen großen Supermarkt westlichen Stils an. Fast ausschließlich westliche Produkte stehen in den Regalen. In Anbetracht der Tatsache, dass wir schnell in die Steppe wollen, ergeben wir uns in das Schicksal und versorgen uns hier mit allem. Ein hiesiger Markt wäre uns jedoch lieber gewesen. Punkt für Punkt haken wir die Einkaufsliste ab. Für schlappe 77 $ haben wir innerhalb einer guten halben Stunde alles beisammen: Wodka, Wasser, Öl, Eier, Calbesa, Sir, Speck, Chleb, Nudeln, Cola, Milch, Mehl, Schokolade, Zwiebeln, Paprika, Obst, Nudelsauce, Kekse, Süßigkeiten, Gaskartuschen und Fleischkonserven.
Bepackt mit einigen Tüten und einem Karton laufen wir zurück zum Auto. Mitten in der recht engen, stark frequentierten Eingangstür bückt sich ein junger, dicker Mongole und verursacht ein Gedränge. Nachtigall ick hör dir trappsen! Meine rechte Hand geht sofort an die rechte Hosentasche. Kurz darauf merke ich, wie ein anderer Bursche mein Bein streift. Einige resolute Schreie von uns und die Bande reiht sich wieder in der Menge ein, als ob nichts gewesen wäre. Recht stümperhaft gemacht von den Jungs – Gott sei Dank. Das Geld werde ich aber von jetzt ab nicht mehr in der Außentasche der Hose aufbewahren – soviel ist sicher! Einladen und raus aus der Stadt. Der Kilometerstand im Auto zeigt: 93115

Auf dem Weg in die Steppe

Fast jeder dritte Mongole lebt in Ulan Baator. Kaum 10 km vor der Stadt herrscht kaum noch
Verkehr. Kahle unbewaldete Hügel, so weit das Auge reicht.

Unser heutiges Etappenziel sind die Sanddünen Mongol Els, etwa 260 km von Ulan-Baator entfernt. Schaf- und Ziegenherden, Rinder und Pferde – dazwischen einige Jurten. Die Piste ist asphaltiert und in leidlichem Zustand. Etwa 60 km/h sind drin.
Nun ja, halt einige Sanddünen! Wer nicht in die Gobi fährt, sollte hier unbedingt einen Stopp einlegen, heißt es im Reiseführer. Für den Hollandkenner jedoch ein eher mickriger Anblick. Es dämmert schon, als wir unser Zelt aufbauen. Danach das übliche Kochritual: Nudeln mit Soße. Die kleine Flasche Wodka wird wiederum im Stehen auf einer Sanddüne leergemacht. Selbstverständlich der Gesundheit wegen!

Erste Übernachtung an den Sanddünen Mongol Els Nachtquartier in den Sanddünen Mongol Els

Morgen steht Erdene Zuu, das kulturelle Highlight der Mongolei, auf dem Programm. Den gesamten Abend bewacht uns eine Schar Hütehunde. Sie haben anscheinend nichts besseres vor und verbringen ihren Feierabend mit uns.


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